Dankesschreiben von Kailash Satyarthi an alle Helfer

Lieber Freund,

in meinem eigenen Namen und im Namen der Organisation, die ich vertrete, möchte ich meine tiefste Dankbarkeit ausdrücken. Deine/ Ihre Solidarität, Unterstützung und Aktionen gaben uns enorme Stärke in unserem „Kampf“!

Neben den Schwierigkeiten in Indien, die wir zu bewältigen haben, gibt es gute Neuigkeiten: Alle 11 verschleppten nepalesischen Mädchen, deren Eltern sich ursprünglich mit der Bitte um Hilfe an uns gewandt haben und aufgrund derer wir die Befreiungsoperation starteten, sind auch befreit worden. Und außerdem konnten 10 weitere Mädchen gerettet werden.

Die großartigen, weltweiten Reaktionen die unserem Aufruf zur Rettung der Kinder folgten haben enormen Druck ausgeübt und die „Habeas Corpus Petition“, die wir für die Mädchen beim Obersten Gerichtshof eingebracht haben, hat positive Resultate hervorgebracht.

Nun befinden sich die Mädchen sicher und glücklich in der Obhut eines Frauenzentrums, das durch den indischen Staat geführt wird. Sie warten auf den nächsten Anhörungstermin vor Gericht, der für den 23. Juli festgelegt wurde. Wir hoffen sehr, dass sie an diesem Tage ihren Eltern übergeben werden und anschließend nach Nepal zurückkehren können. Alle Mädchen sind jünger als 14 Jahre und haben in dem „Great Roman Circus“ schreckliche Erfahrungen gemacht.

In der Zwischenzeit wurde enthüllt, dass diese Zirkusgruppe, bestehend aus 5 separaten Zirkussen, die verstreut in ganz Indien tätig sind, in umfangreiche Mafiaoperationen verwickelt sind. Dabei handelt es sich überwiegend um den Handel mit nepalesischen Mädchen und um illegale Waffengeschäfte. Diese gesetzeswidrigen Operationen lassen auf gute Verbindungen bis in höchste Regierungskreise schließen.

Trotz aller gegen uns geäußerten Morddrohungen der Zirkusmitarbeiter sind bisher durch die Regierung keinerlei Anstalten unternommen worden, uns Polizeischutz zu gewähren.

Doch das positive Ergebnis dieser Befreiungsaktion ist, dass die Themen „Mädchenhandel“ und „Ausbeutung junger Mädchen in der Unterhaltungsindustrie“, vor allem in den Zirkussen Indiens und weltweit stark ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurden.

Ich möchte Dir/Ihnen sagen, dass das nicht der erste Angriff auf mein Leben war. Ich habe solche Vorfälle immer als große Herausforderung gesehen. Der Kampf gegen Versklavung und Menschenhandel ist nicht bloß Wohltätigkeit. Es ist ein unermüdlicher Kampf. Unsere Gegner, die für diese Zustände verantwortlich sind und die ihren Nutzen aus der illegalen Kinderarbeit ziehen, sind keine harmlosen Menschen. Ich bin immer schon der starken Überzeugung gewesen, dass all die schlimmsten Formen von Kinderarbeit Verbrechen gegen Kinder und die Täter Verbrecher sind.

Ich habe niemals geglaubt, dass es einen Sinn hat, Tränen zu vergießen, wenn Hindernisse auftreten. Statt dessen glaube ich, dass engagierter Kampf - bis hin zum Verlust des eigenen Lebens um der Gerechtigkeit willen - in der Menschheitsgeschichte niemals vergeblich war.

Für mich stellt die Versklavung von Kindern die größte Ungerechtigkeit dar. Gemeinsam werden wir den Kampf weiter fortsetzen. Die Kinderschänder werden letztlich gezwungen sein, ihre Waffen niederzulegen und ihre Drohungen werden verstummen Es wird die Zeit kommen, dass die unsäglichen Zustände abgeschafft sind und endgültig der Geschichte angehören.

Sie können unseren Körper töten, aber wir werden wieder hervorgehen wie der Phoenix.

Nochmals vielen Dank.
In Solidarität

Kailash Satyarthi